N O R B E R T   F I S C H E R


Arktische Wildnis


Alaska, der an Ausdehnung bei weitem grösste der Amerikanischen Staaten, ist erst 1959 als 49. gleichberechtigter Staat in den Bund der „Vereinigten Staaten von Amerika“ aufgenommen worden. Zuvor war Alaska lediglich Amerikanisches Territorium mit eingeschränkten Rechten, das man 92 Jahre zuvor dem Russischen Zaren Alexander II. abgekauft hatte, und von Washington aus verwaltete.


                            


Mit der Erkundung, des bis dahin unbekannten Nordpazifischen Raumes, beauftragte im 18. Jahrundert der Russische Zar „Peter der Grosse“ den Dänischen Kapitän Vitus Bering. Bering hatte bei zwei Expeditionen in den Jahren 1728 und 1741, von Kamchatka kommend, auf der Suche nach einer Landbrücke zwischen Asien und Amerika, die Beringstrasse durchsegelt und Alaska entdeckt. In der stürmischen See des Aleuten Archipels ist er auf der Rückreise nach Kamchatka, mit seinem Schiff St. Peter auf der westlichen Aleuten Insel Beringa, gestrandet. Bering und ein Teil seiner Mannschaft überlebte die Überwinterung auf der Insel nicht, die Männer starben an Skorbut, Kälte und Erschöpfung. Die späteren Schilderungen seiner überlebenden Seeleute, über den immensen Bestand an Seeottern und Pelzrobben auf den Aleuten Inseln, stiessen bei Russischen Pelzjägern auf grosses Interesse. Viele Jäger machten sich im 18.Jahrhundert von Russland auf zu den Aleuten, um die begehrten Felle zu erbeuten. Immer weiter nach Osten drangen die Russischen Pelzjäger vor und gründeten Siedlungen und Niederlassungen in der Kolonie „Russisch-Amerika“. Nachdem die Bestände an Seeotter und Pelzrobben durch rücksichtslosen Raubbau arg dezimiert waren flaute der Alaska-Pelzhandel schnell wieder ab. Schließlich verkaufte Russland Alaska 1867 für 7,2 Millionen Dollar an die USA.

Alaska besitzt eine Vielfalt unterschiedlicher Landschaften, darunter mächtige Hochgebirge, weite arktische Tundra, unzählige kristallklare Seen und ungezähmte Flüsse. Das Innere Alaskas wird durchzogen von 2 grossen Gebirgsketten, der Brooks Range und der Alaska Range, mit den höchsten Bergmassiven Nordamerikas. Die unermesslichen Weite und Abgeschiedenheit ist der Lebensraum von Elchen, Bären, Wölfen, Dallschafen und vielen anderen an das arktische Klima angepassten Wildtieren. Grosse Karibu Herden durchwandern im Jahreszyklus die weitläufigen Weideflächen der nordischen Tundra. Viele Küstenregionen zeichnen sich aus, durch tief eingeschnittene Fjorde mit kilometerlangen Gletschern und unbewohnten Inseln. Siedlungsgebiete befinden sich vorwiegend in den Küstenregionen mit idealer Anbindung an den maritimen Lebensraum. Einige Tausend Inuit leben schon seit Generationen in dieser extremen Naturlandschaft. Die Jagd auf Robben, Wale und der Fischfang sicherte diesen wenigen Menschen eine ausreichende Lebensgrundlage.

Aufgereiht wie auf einer Perlenschnur zieht sich bogenförmig die Inselkette der Aleuten über 2000km vom Alaska- Festland nach Westen bis zur Sibirischen Halbinsel Kamchatka. Die Aleuten sind vulkanischen Ursprungs, da hier die Pazifische Kontinentalplatte in einem Tiefseegraben unter die Nord-Amerikanische Kontinentalplatte abtaucht. Häufige Erdbeben und Vulkanausbrüche von den insgesamt 93 Vulkanen zeugen von der geologischen Aktivität in diesem Teil der Welt.


                                         


Das Bering Meer und die See um die Aleuten gehören zu den fischreichsten Gewässern der Welt. Grosse Fangflotten mit Trawlern sind in den schwierig zu befahrenden Gewässern des Nordpazifiks stetig auf der Jagd nach Alaska Seelachs, Heilbutt und den riesigen Königskrabben. Auf den Inseln brüten jährlich Millionen von Seevögel und grosse Kolonien von Seelöwen, Robben und Seeotter bewohnen den Archipel.

Genau so vergangen, wie der Russische Pelzjäger-Rausch auf die Seeotter und Robben der Aleuten Inseln, ist mittlerweile auch der grosse Goldrausch. Nachdem die bedeutenden Alaska Gold-Vorkommen im 20. Jahrhundert weitgehend ausgebeutet waren, verliessen die Glücksritter schnell wieder das raue Land. Die Natur erholt sich seither langsam von den Eingriffen der Menschen. Pflanzen besiedeln die Narben, die grosse Schwimmbagger, Bergwerke und Abraumhalden hinterlassen haben. Der übrig gebliebene Schrott dieser Anlagen, wird allerdings noch für Jahrzehnte die Erinnerung an menschliche Ausbeutung dokumentieren. Heutzutage werden dem Land durch die Ölförderung erneut enorme Wunden und Verletzungen zugefügt. Strassen, Bohrtürme, Pipelines, grosse Tankschiffe und Ölverseuchung sind die sichtbaren Auswirkungen. Es bleibt zu hoffen, dass sich hier die Geschichte nicht wiederholt, und nach dem Öl-Boom die Natur mit den Altlasten wieder alleine bleibt.

Zu wünschen ist Alaska, einem Staat von kontinentalem Ausmass mit relativ geringer Bevölkerungsdichte, dass die Natur noch lange eine „Arktische Wildnis“  bleibt.      Norbert Fischer • Alaska